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#5 Komplexe Projekte steuern: Die richtigen Stellschrauben nutzen

Früher war es einfach - wir arbeiteten meist in bilateraler Zusammenarbeit direkt mit einem Partner vor Ort. Je nach Größe und Mandat der eigenen Organisation hatte man auch eine eigene vor-Ort-Struktur mit einem Kooperationsbüro, oder eben nicht.

 

Heute ist es jedoch so, dass wir es zunehmend mit sehr komplexen Vorhaben zu tun haben. Viele Akteure, die in irgendeiner Form beteiligt sind, schwierige Bedingungen im Projektkontext, begrenzte Möglichkeiten im eigenen Haus, da auch hier zahlreiche Stellen mitmischen, und umfassende fachliche und kaufmännische Anforderungen.

 

Die Komplexität eines Vorhabens (Projektes) steigt außerdem, je weiter das Management vom Einsatzland entfernt ist und/oder je grösser die Anzahl der involvierten Stakeholder.

 

Wir empfinden ein Vorhaben als komplex, wenn wir die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Einfluss- und Wirkungsbereichen nicht so ohne weiteres überblicken können: Was hängt denn mit wem oder was zusammen? Und wie? 

 

Für das Management eines Vorhabens ist das schwierig, denn wir haben nicht die Prozessübersicht. Und Management heißt letztendlich, dass wir die Prozesse inganghalten und steuern, um die Ergebnisse zu erbringen.

 

Wie können wir diese Komplexität in Griff bekommen?

Bevor wir uns hier in der Kleinteiligkeit der Prozesse verlieren, sollten wir es genau umgekehrt machen: Mache dir ein Bild – das big picture sozusagen – und identifiziere die strategisch relevanten Stellschrauben, an denen du drehen kannst.

 

Was meine ich?

 

Ein Beispiel wird helfen.

 

Eine Kundin von mir – Projektleiterin mit einem Mitarbeiter (für das Monitoring) und einem Anfangsbudget von 20 Mio EUR – hatte zur Aufgabe, das UNHCR bei der Umsetzung des Comprehensive Refugee Response Framework (CRRF) der Vereinten Nationen zu unterstützen.

 

Das CRRF ist ein umfassender Rahmenplan für Flüchtlingshilfsmaßnahmen und sieht vor, Interventionen der Humanitären und Entwicklungsakteure in Fluchtkontexten besser miteinander zu verschränken. Dies im Sinne des NEXUS Gedankens.

 

Es gab auch einige Länder, die als Pilot helfen wollten, den CRRF umzusetzen, nämlich: Somalia, Kenia, Sambia, Äthiopien, Ruanda, Uganda, Tschad, aber auch Länder im Norden Zentralamerikas, namentlich Belize, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Mexiko und Panama.

 

Die Ausganglage war also geographisch sehr verteilt und inhaltlich sehr komplex. Die Projektleiterin hatte als Außenstehende keinen Einfluss auf das institutionelle Wirken im UNHCR und konnte schon gar nicht Interventionen in den genannten Ländern begleiten.

 

Der erste wichtige Schritt war also nun, ein machbares Ziel – ein Implementierungsziel – zu formulieren. Also eine Konkretisierung von dem, was als Ziel im Projektantrag formuliert war.

 

Für uns war in diesem Sinne das UNHCR die erste Stellschraube: Es ging nicht darum, dem HCR aus Expert:innensicht die Relevanz des NEXUS und Möglichkeiten seiner Implementierung zu erläutern. Es ging vielmehr darum, das HCR in seiner Rolle als Koordinator des CRRF zu stärken. Hier haben wir dann verschiedene Möglichkeiten, die von gutes Kooperationsmanagement reichen bis hin zur handfesten Unterstützung im HR-Bereich. Ein Blick auf den Antrag und die eigenen Kompetenzen genügen.

 

Die zweite wichtige Stellschraube musste in den Ländern vor Ort vorhanden sein: Welche bereits bestehende Eintrittsportale hat die deutsche EZ in diesen Kontexten? Dies sind natürlich vor-Ort-Strukturen. Welche Angebote muss also unsere Projektleiterin machen, um bei deutschen, internationalen und nationalen Organisationen vor Ort eine Zusammenarbeit mit dem UNHCR zu ermöglichen? Da geht es ebenfalls um smartes Kooperationsmanagement bis hin zu Co-Finanzierungen.

 

Die dritte Stellschraube ist eher inhaltlich: Da wir in unserer Branche ja noch ziemlich am Anfang eines ganzheitlichen Ansatzes stecken – der NEXUS steht als Konzept und moralischer Anspruch – besteht hier sicherlich ein innovativer Bereich, den es gilt zu nutzen. Welche Herangehensweisen werden in jeweiligen Kontexten entwickelt und bewähren sich? Was sind die konkreten Leistungen und Modalitäten? Was funktioniert und was funktioniert weniger gut? Hier die Erfahrungen festhalten und auszuwerten ist sicherlich ein weiterer Meilenstein. Wissen mit anderen Organisationen zu teilen ist dann der nächste Schritt.

 

Die vierte und letzte Stellschraube, die die Projektleiterin nutzte, war ein smartes Kooperationsmanagement. Nicht jeder muss mit jedem, sondern die jeweilig strategisch relevanten Akteure mussten zusammengebracht werden – sei es in der DACH-Region, international oder in den jeweiligen Kontexten auf Landesebene. Auch hier betrieb die Projektleiterin ein aktives Management, welches sich letztendlich auszahlte.

 

Und ja, aus diesem von Beginn an komplexen Vorhaben wurde bis heute ein sehr großes Programm im dreistelligen Millionenbereich.

 

Das Wesentliche ist jedoch: Das Vorhaben wurde von Beginn strategisch aufgezogen, in dem wir gezielt die Stellschrauben gesucht haben, die für uns Sinn machten. So sind wir auch gar nicht in Versuchung gekommen, uns in Details zu verlieren.

 

Ich denke, hier war auch der Mut der Projektleiterin entscheidend, andere Stakeholder machen zu lassen. Je mehr wir uns der eigenen Ebene des Managements bewusst waren, desto eher konnte die Projektleiterin auch die Managementbereiche anderer Stakeholder anerkennen.

 

Vielleicht ist dies die fünfte Stellschraube? Die Einsicht in die gegenseitige Abhängigkeit, wenn Entwicklungsorganisationen und humanitäre Akteure gemeinsam Projekte durchführen wollen.

 

In diesem Sinne hoffe ich, Dir eine weitere Inspiration mitgegeben zu haben. 

 

Herzlichst, Claudia

 

 

 

PS: Hier habe ich noch etwas für Dich.

 

  • Du willst mit mir arbeiten? Ich coache auch 1:1. Du kannst Dich gerne mit mir in Verbindung setzen: info@conrad-consult.ch

 

  • Im Februar findet ein kostenloses Onlinetraining zum Thema „So baust du nachhaltig Kapazitäten auf, die vor Ort einen Unterschied machen und Geldgeber überzeugen“. Dieses Training eignet sich für dich, wenn du das Capacity Development im Projekt strategisch ausrichten willst oder wenn du die bestehenden Interventionen überprüfen möchtest. Ich gebe Inputs und diese kannst du sofort auf dein Projekt übertragen. Am Ende hast du alle relevanten Elemente für eine saubere Capacity Development Strategie.

 

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